Für das vorliegende Album habe ich Bachs „Dritten Theil der Clavierübung“ gewählt – eine der seltenen Sammlungen mit Orgelmusik, die Bach zu Lebzeiten im Druck veröffentlicht hat (1739). Die Sammlung fasziniert mich mit ihrem visionären kompositorischen Anspruch und einer noch heute nachzuvollziehenden aufregend pragmatischen Drucklegung (vgl. Gregory Butler, 1990). Das kompositorisch Visionäre der Clavierübung verbindet sich für mich auch mit dem Visionären von Trosts Orgelästhetik. Bach schätzte ihn – und damit sicher seine Experimente mit Klangfarben. Noch immer bildet natürlich ein gravitätisches Plenum die Säule des Orgelklanges. Beide Mixturen enthalten Terzen, zusammen mit der abgemilderten Mitteltönigkeit als Stimmsystem entsteht eine gewisse Schärfe im Klangbild, aber auch die klare, sprechende Durchhörbarkeit von polyphonen Werken. Die Akustik des Raumes ist auch bei leerer Kirche kaum hallig und sehr klar. Neben dem Plenum ist die Disposition der Orgel jedoch vor allem durch eine Vielzahl an 8’- und 4’-Registern charakterisiert: sechs labiale 8’- und drei labiale 4’-Register finden wir schon im Hauptwerk, darunter eine Schwebung. Die feinen Nuancen in den sensiblen Klangfarben laden uns Interpreten ein, zu experimentieren und neu zu hören.
Jörg Halubek (Juli 2020)