Die Wurzeln des fränkischen Orgelbauers Johann Christoph Wiegleb finden sich in Thüringen. Noch weiter als Tobias Heinrich Gottfried Trost mit seinen Orgeln in Altenburg oder Waltershausen, ist Wiegleb mit seiner größten, in Ansbach vollständig rekonstruierten Orgel (1738/2007) gegangen: Der Fundus und die Ausdifferenzierung der Grundstimmen lassen unbeschreibliche Kombinationen zu und weisen in ihrer Farbigkeit bereits deutlich in die Romantik; Wiegleb baut zudem den ersten Schwellkasten in einer deutschen Orgel. Etwa zur gleichen Zeit beschäftigt sich Bach in Leipzig erneut mit achtzehn wesentlich früher komponierten Choralbearbeitungen. Natürlich ist das ein Zufall – aber auch ein schönes Gedankenspiel, wie in dieser reichen Zeit der Orgelkunst kompositorische und klangliche Vorstellungen immer im Fluss waren. Dass Registrierungen in Deutschland nicht festgehalten wurden, ist ein deutliches Indiz für den individuellen Umgang mit dem Orgelklang. Die Experimentierfreude mit farbenreichen Registerkombinationen wird von Bach direkt berichtet: Johann Nikolaus Forkel beschreibt in seiner Bach-Biographie (Leipzig, 1802) Bachs „eigene Art, mit welcher er die verschiedenen Stimmen der Orgel mit einander verband (…) Sie war so ungewöhnlich, dass manche Orgelbauer und Organisten erschraken, wenn sie ihn registrieren sahen, (…) wunderten sich aber sehr, wenn sie nachher bemerkten, dass die Orgel gerade so am besten klang, und nun etwas Fremdartiges, Ungewöhnliches bekommen hatte.“
Jörg Halubek (August 2020)